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Vom Therapieanfang bis zum Ende

Ich konnte mich verwirklichen, mich von Alk und Drogen fernhalten - was nicht immer leicht war.

Es war ein schöner Tag, der 15. Mai, ich stand auf dem Parkplatz der Carina und betrachtete mir die Umgebung und dachte mir, dass man’s hier schon aushalten kann. Der Wind strich über die Wiese, fast lautlos, Pferde, Wald, ein schöner Garten, auf dem ein altes, aber wunderschönes Haus steht.

Ich war eine Stunde zu früh da und beschloss, mir das Gebäude genauer anzuschauen und ging hinein. Es war ruhig und es schien niemand da zu sein. Geschnittene alte Mauern, Licht durchflutete Räume, Altes mit Neuem kombiniert, ein schönes Esszimmer, alte Fliesen – es gefiel mir. Nur von der Beleuchtung war ich nicht beeindruckt.

Ich ging durchs Haus, durch in den Garten und steckte mir eine Zigarette an. So, jetzt war ich an dem Ort der mir empfohlen worden war und auf den ich so lange warten musste. Ich dachte mir kurz, was mich hier wohl erwarten wird? Ich rauchte meine Zigarette fertig und ging vor.

Es ging dann ziemlich schnell los. Ein netter aber ernst scheinender Mann, sein Name war Thomas (Soziotherapeut), ging alles mit mir durch: Alkotest, Drogentest etc. Er stellte sich provokant neben mich und schaute mir beim Pinkeln zu (Routine – Harntest). Danach zeigte er mir mein Zimmer, durchsuchte meine Sachen, wo unter anderem eine Dose Red Bull dabei war. Die wurde mir gleich abgenommen (Aufputschmittel).

Nachdenklich räumte ich meine Sachen ein, war zufrieden mit meinem Zimmer unterm Dach, wo man den Regen hört wie er aufs Dach fällt. Später kam es dann zu der Vorstellungsrunde. Alle saßen da, erwartungsvoll, neugierig, fragend – ich war ein wenig nervös oder verwundert über die Blicke der Patienten, aber da musste ich durch. Mein erster Tag hier war geschafft, und ich möchte hier auch nicht verweilen, sonst sitze ich noch Tage mit euch hier (in der Gruppe).

Am nächsten Tag sah ich dann zum ersten Mal Hannes (Leiter der Therapiestation) und dachte mir, dass es sich hier um den Hausmeister handelt, aber nur bis zur ersten Psychogruppe: Ich ging mit 182 m Größe hinein und kam etwas verkürzt wieder raus.

Es ging mir nicht gut am Anfang, hatte Entzugsprobleme, dachte mir, in was für einem Irrenhaus ich hier wohl gelandet sei. Lauter geschulte Leute, die etwas übers Leben wissen wollten. Es war komisch, aber das legte sich mit der Zeit.

Ich bekam meinen Psychotherapeuten zugewiesen, der Walter hieß er. Kann mich an das erste Gespräch mit ihm nicht erinnern, irgendwie war mir unwohl, keine Ahnung – Angst vor Neuem, aber sie war unbegründet. Walter war sehr nett und einfühlsam. Ja, cool würde ich sagen. Er nahm mir irgendwie die Angst oder den Stress, den ich hatte. Ich bin im Nachhinein „froh“ (froh ist nicht das richtige Wort). Es hat einfach gepasst, denn er ist ein sehr netter Mensch, der seine Arbeit hier sehr gut macht.

So nach und nach lernte ich alle Menschen hier kennen, die die ich mochte und die anderen. Ich brauchte lange, sehr lange. Es gelang sogar mein verloren gegangenes Vertrauen den Menschen gegenüber wieder einigermaßen herzustellen. Dabei half mir auch Thomas, den ich mittlerweile sehr gut leiden mag. Er ist ein netter Mann denke ich, von dem ich schon noch weit entfernt bin, oder nur anders.

Hausreinigung, Garten, Stall – ich machte alle Stationen durch bis auf die Küche, die ich nicht leiden kann (vielleicht weil ich mit Kritik schlecht umgehen kann), aber ich bin dabei mit ihr umzugehen.

Es gab Höhen und Tiefen, wollte raus. Ich hielt mich selber nicht mehr aus, habe es aber trotzdem durchgezogen. Ich konnte im Umbau viel machen, mich verwirklichen und mich von Alk und Drogen fernhalten, was nicht immer leicht war.

Es war eine tolle Zeit hier, und ich habe viel erleben dürfen. Wir haben z.B. mit Horst (Pädagoge, Outdoortrainer) ein paar Nächte im Wald verbracht, was riesigen Spaß machte, Sommerwoche, Schiwoche und vieles mehr. Danke ist mir irgendwie zu wenig, aber trotzdem möchte ich mich bei allen bedanken, besonders aber bei Hannes, der leider derzeit in Afrika ist, er hat mir hier sehr viel ermöglicht und ich hoffe, er tut es noch weiter.

Ja, mein erster Blick bei Menschen geht immer in die Augen und die entscheiden über warm oder kalt. Ich war nicht immer gerne hier, doch zum Schluss merke ich, dass mir der Abschied schwer fällt, da mir doch alle ans Herz gewachsen sind.

Ah, Horst Entschuldigung für den Knall auf dem Gipfel, aber ich wollte wissen, wie sich ein Cobra 6 so anhört – Ende. (Anmerkung: der Patient hatte bei einer – Bergtour auf dem Gipfel einen von ihm mitgebrachten Knallkörper ohne vorherige Ankündigung abgeschossen).

 

Patient M.K. 46 Jahre, 1 Jahr Therapieaufenthalt in der Carina