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Erfahrungsbericht einer Praktikantin

Wir bieten jungen Menschen die Chance neue Erfahrungen für ihr weiteres Leben zu sammeln.

NATUR PUR – Ready for Nature?

Im Rahmen meines psychotherapeutischen Praktikums in der Therapiestation Lukasfeld bekam ich die einmalige Chance an einem 4-tägigen Outdoor Projekt als teilnehmende Beobachterin mit zu wirken. Die Erlebnispädagogik war mir bereits ein Begriff aus der Theorie meines Studiums, und ich war gespannt auf die praktischen Erfahrungen in diesem Bereich. Ich hatte also nun vier Tage zur Verfügung um mit all meinen Sinnen die unterschiedlichsten Prozesse und Dynamiken im Lernraum Natur wahrzunehmen und zu beobachten.

Um den Gefühlen in der neuen und ungewohnten Situation Platz zu geben, wurden sämtlichen Erwartungen, Freuden und auch unbehagliche Bedenken angesprochen. Durch die unterschiedlichsten Aufgabenstellungen der beiden Coaches Martin W. und Andrea S., wurde jeder Patient herausgefordert. Die Schwierigkeiten bestanden darin, in einer ungewohnten Umgebung, mit all ihren Unsicherheiten und Ängsten, ihren wertvollen Ressourcen und verschiedenen Persönlichkeiten gemeinsam ein Ziel zu verfolgen.

Damit ein solcher Prozess funktionieren kann ist Vertrauen besonders wichtig, welches gleich anfangs dieser Tage auf die Probe gestellt wurde. Alle Teilnehmer wurden mit verbundenen Augen in einer Schlange querfeldein geführt. Es schien für alle der Patienten eine Überwindung zu sein, jemandem „blind“ zu vertrauen. Bei der anschließenden „Bergungsaktion aus dem Lavasee“ wurde spürbar wie der gemeinsame Erfolg die Gruppe Stück für Stück zusammenschweißte. Die Patienten wurden bei dieser Übung gefordert, kreative Lösungsstrategien zu finden und diese auch verantwortungsbewusst umzusetzen. Dabei kristallisierten sich bereits die ersten Rollenverteilungen und persönlichen Qualitäten heraus. Es war spannend zu beobachten welche Dynamik sich entwickelte. Wer übernimmt welche Verantwortung, Rolle, Belastungen, Risiken…? Alles pendelte sich wie von selbst ein, jeder übernahm eigenständig wichtige Handgriffe und die Aufgabe kam ins Rollen.

Ein wichtiger Faktor war die klare Kommunikation und der Blickkontakt untereinander. Das war auch beim Bau der drei „Übernachtungsschneekugeln“ von großer Bedeutung. Die Gruppe entschied sich gemeinsam für die Igluversion. Am Tag der Umsetzung, sank erstmal das Stimmungsbarometer der Patienten aufgrund von starken Schneefällen in den Keller und die Motivation hielt sich in Grenzen. Diese anfängliche Unlust wandelte sich jedoch binnen kürzester Zeit in ein produktives und vor allem zielorientiertes Tun. Die Iglus hatten fertig zu sein bevor es dunkel wurde. Das bedeutete also gute Planung, Arbeitsaufteilung, Durchhaltevermögen und viel Spaß. Alle arbeiteten den ganzen Tag am Schneedorf, bei stürmischem Wetter, ohne zu murren.

In solchen Extremsituationen lernen sich Menschen von einer neuen Seite kennen, die Beziehung verändert sich und gewinnt an Qualität. Es wurde spürbar, dass sich etwas entwickelt hatte, nämlich der große Schritt vom ICH zum WIR. Die Anstrengung und das Durchhaltevermögen hatten sich sichtlich gelohnt, uns präsentierte sich ein Ergebnis wie aus dem Bilderbuch. Der Stolz und das steigende Selbstwertgefühl wuchsen. Lachende Gesichter strahlten uns an. Nun stand die Premiere der Igluübernachtung im Freien bevor und die Nervosität war zu spüren. Es blieb spannend – keiner wählte den Weg zurück in die Hütte und es wurde zu einem unvergesslichen Erlebnis.

Am nächsten Tag machten sich der weniger gute Schlaf und die strenge körperliche Arbeit bemerkbar. Grenzen wurden spürbar und erweitert. Der „Wünsche-Ziele-Baum“ bildete den emotionalen Höhepunkt der vier Tage. Dabei ging es um das Formulieren von eigenen Zielen, Wünschen und Bedürfnissen, welche kreativ auf kleine bunte Stofffetzen geschrieben wurden. Vereint an einem großen Baumstamm wirkten sie wie ein Wünschezelt. In der Nacht starteten die Patienten mit ihren selbstgemachten Fackeln zu ihrem Baum und ließen ihre Ziele und Wünsche vom Wind in die Welt hinaus tragen. Die besinnliche Stimmung war unbeschreiblich. Sie betrachteten den beleuchteten Fackelkreis von weitem und Betroffenheit machte sich spürbar. Gänsehaut.

Zum Abschluss dieser intensiven Tage wurden von den Patienten zwei dieser besonderen Zielesymbolisch mit ins Dorf bzw. in den Alltag genommen. Der Zettel mit den hinderlichen Gedanken wurde vor dem Überqueren einer 6 m hohen Seilgerade verbrannt. Die Überwindung war groß, der Erfolg riesig.

Es fiel mir nicht leicht, das was ich in diesen vier Tagen erlebt habe in Worte zu fassen. Es hat etwas Unbeschreibliches – etwas das man selbst erlebt haben muss um es zu spüren. Müsste ich dieses Projekt in 3 Worten beschreiben, fiel meine Wahl auf:

  1. durchdringend
  2. wertvoll
  3. prägend

Abschließend möchte ich mich für diese einmalige Chance und das Vertrauen bedanken. Es war für mich ein intensives und unvergessliches Abenteuer, das mich auf meinem weiteren Weg begleiten wird.